Initiation und Vissionssuche

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Götz Wittneben im Gespräch mit dem Pfarrer Henning Olschowsky und der Diplom-Psychologin Eva Olschowsky.

Firmung, Konfirmation und Jugendweihe haben schon lange ihre Bedeutung als Aufnahmeritual in die Welt der Erwachsenen verloren, wenn sie es denn je besaßen. Hier geht es um Geschenke und nette Familienfeste, nicht aber wirklich um einen echten Schritt in die Welt der Männer oder die Welt der Frauen. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert sind den Jungen die Väter abhanden gekommen. War bis dahin der überwiegende Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig und konnten die Kinder so unmittelbar das Arbeiten der Eltern erleben und da hinein wachsen, waren die Väter dann zum Teil 12-14 Stunden einfach weg und kamen abgekämpft wieder. Heute gibt es zwar die 38-Stunden-Woche, der Leistungsdruck aber lässt Väter häufig nervlich belastet nach Hause kommen und sie können ihren Kindern wegen der Komplexität und Entfremdung der heutigen Arbeitswelt kaum vermitteln, was sie da den ganzen Tag eigentlich machen. Darüber hinaus wachsen 20 prozent der Kinder bei alleinerziehenden Müttern auf – eine auf unterschiedlichen Ebenen vaterlose Gesellschaft.

Henning Olschowsky, der lange Jahre Jugendpfarrer im Leipziger Land war, sieht darum auch in illegalen Autorennen, S-Bahn-Surfen oder Koma-Saufen die Sehnsucht von Jugendlichen, ihre eigenen Grenzen zu erfahren und über sie hinauszugehen, was dem Wesen der Initiation durchaus ähnlich ist. Darüber hinaus drückt es natürlich das Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe und Anerkennung aus. Bei einem Bergwanderurlaub vor zehn Jahren, bei dem Henning Olschowsky selbst körperliche Grenzerfahrungen machte, wurde ihm klar, dass die Natur eine wunderbaren Spiegel bietet, nicht nur für Jugendliche. Nicht nur bei den Indianern Nordamerikas, sondern bei vielen Naturvölkern gibt es noch heute die Initiationsrituale für Jugendliche, vielfach bekommen sie dabei einen der Visionserfahrung entspechnden neuen Namen. Über die Erfahrung einer eigenen Visionssuche, bei der Henning Olschowsky vier Tage allein in der Wildnis zubrachte, entwickelte er im Verbund mit Gleichgesinnten das „WalkAway“ zunächst für die Zielgruppe Konfirmanden, das mittlerweile aber auch für Erwachsene angeboten wird.

Im Zentrum des fünf Tage dauernden „WalkAways“ stehen 24 Stunden, die fastend an einem zuvor selbst gewählten Waldstück zugebracht werden. Ziel ist es, sich über den ureigenen Weg klar zu werden, im optimalen Fall eine Vision seines eigenen Lebens zu entwickeln. Ehefrau Eva Olschowsky, ihres Zeichens Diplom-Psychologin, beteiligt sich ebenfalls an der Durchführung und Weiterentwicklung der „WalkAways“. „Wir ermutigen die Jugendlichen, das in diesen 24 Stunden für sie Wichtige zu erzählen. Wir spiegeln dann das uns essentiell wichtig Erscheinende, dabei ist es wichtig, nichts zu bewerten!“

Das Ehepaar bildet mittlerweile auch Erwachsene aus, die in ihrem Lebensumfeld „WalkAways“ anbieten wollen.

Weitere Informationen: www.Kirche-Mutzschen.de

bundesweites Netzwerk Visionssuche: www.visionssuche.net


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