Menschenrechtsverletzungen in Psychiatrien – der Horror auf der Geschlossenen

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Ich habe ca. zwanzig Klinikaufenthalte hinter mir und war davon ca. fünfzehn Mal in einer Psychiatrie in Bayern und fünf Mal in einer Psychiatrie in Baden Württemberg.

In beiden Kliniken war ich des Öfteren in der geschlossenen Station, meist wegen Suizidgedanken und später dann wegen psychotischen Episoden.

Habe ich den Aufenthalt in der geschlossenen Station in der bayerischen Klinik zwar nicht als angenehm empfunden, so war er aber dennoch erträglich.

Das Personal hat regelmäßig „behütete“ Spaziergänge durch das Klinikgelände veranstaltet, und so sah man wenigstens etwas Tageslicht. Auch durfte man als Patient stets in den Garten vor der Station und die Stimmung unter uns Patienten war meist gut.
Ich habe kein einziges Mal eine Fixierung erlebt, und selbst als ich Zeit im Überwachungs-zimmer der geschlossenen Aufnahme verbrachte, da ich akut suizidgefährdet war, wurde ich zwar eingeschlossen, aber das Stationszimmer befand sich nur durch ein Fenster mit Rollo abgegrenzt direkt neben dem Überwachungszimmer. Auf diese Weise hatte ich stets die Möglichkeit, Kontakt zum Pflegepersonal aufzunehmen.
Auch hatte ich ein Bad mit Dusche und WC zur Verfügung und der Überwachungsraum sah aus wie ein normales Patientenzimmer. Ich durfte meine persönlichen Gegenstände bei mir haben und der Aufenthalt war aufgrund der Rahmenbedingungen erträglich.
Wenn ich beim Pflegepersonal geläutet habe, kam sofort jemand, und hin und wieder schaute sogar jemand einfach so bei mir vorbei und leistete mir kurz Gesellschaft.
Auch habe ich es schön gefunden, dass diese Klinik akut Suizid gefährdeten Menschen eine „Nachtwache“ zur Seite stellte. Das sind Menschen, die sich ein paar Euro dazuverdienen wollen und von der Klinik angestellt und eingesetzt werden, damit akut gefährdete Patienten niemals alleine sind und so keine Selbstgefährdung für sie besteht.
Ich habe zwar damals immer von schrecklichen Zuständen in Kliniken gehört und auch das Wort „Zwangsbehandlung“ mal beiläufig aufgeschnappt, doch ich hatte keine Vorstellung, was man sich darunter vorzustellen hat, denn in der bayerischen Klinik habe ich so etwas nie erlebt.

Doch ich wurde leider desillusioniert, als ich das erste Mal in eine geschlossene Station in einer Psychiatrie in Baden Württemberg kam.

Dieser vom Personal verniedlichend als „beschütze Station“ bezeichnete Bereich war für mich wie das Tor zu meiner ganz persönlichen Hölle.
Nach kurzer Zeit entwickelte ich gegen das Personal sogar eine paranoide Schizophrenie mit schizophrenen Zügen, obwohl das eigentlich nicht Teil meiner Diagnose ist; denn in dieser Klinik werden meiner Wahrnehmung nach Menschenrechte verletzt.
Es fängt damit an, dass man im Hochsommer im dritten Stock ohne Klimaanlage maximal eine Stunde in den Garten vor der Station darf und die restliche Zeit gezwungen wird, im brütend heißen, dunklen und engen Raucherraum zu verweilen, weil es keinen anderen Aufenthaltsraum gibt.
Zwar ist ein winziger Raum mit einem kleinen Sofa und einem Fernseher vorhanden, aber da haben maximal nur drei Leute Platz.
Das Handy wird einem abgenommen und somit hat man gleich gar keine Beschäftigung mehr. Das Gepäck wird bei der Ankunft durchsucht, auch dies gleicht eher den Regeln eines Gefängnisses als einer Klinik, von deren Aufenthalt in ihr man sich doch eine gewisse Heilung oder zumindest Besserung verspricht.
Es gibt auf der geschlossenen Station noch einen sogenannten „Intensivbereich“, in dem besonders strenge Regeln gelten. An den schmalen, finsteren Gang, auf dem verstörte Patienten (sei es durch ihre „Krankheit“ oder durch den Klinikaufenthalt selbst) monoton auf und ab laufen, grenzen zwei Isolierzellen, die nahezu fast stets besetzt sind und aus denen verzweifelte Schreie von eingesperrten Patienten nach außen klingen.
Ich wurde ca. fünf Mal in diese Isolierzellen gesperrt, weil ich während meiner psychotischen Episode sehr aufgedreht war und wirklich gänzlich überschnappe, auch wenn ich in diesen Zuständen nicht einmal einer Fliege etwas zu leide tun könnte. Ich tanze dann gerne intensiv, singe laut und rede sehr, sehr viel – für meine Mitmenschen meist wirr klingendes Zeug.
Ich bin im psychotischem Zustand auch sehr emotional und wurde in die Isolierzelle gesperrt, weil ich für das Personal einfach nervig und zu anstrengend war. So habe ich mich beispielsweise einmal mit einer Mitpatienten um eine Schachtel Zigaretten gestritten. Fünf Minuten später befand ich mich bereits prompt in der Isolierzelle.
Allgemein tat mir die schmutzige Atmosphäre von Neonlicht und Steinwänden gar nicht gut, und wir Patienten im „Intensivbereich“ waren auch auf engstem Raum zusammengesperrt, wodurch sich die Spannungen zwischen uns noch verstärkten. Dabei sind psychotische Menschen nicht überdurchschnittlich aggressiv – die meisten träumen immerzu vom Weltfrieden – nein, es fühlte sich für uns eher an wie ein regelrechter Kampf gegen das Pflegepersonal, das immer eifrig dabei war, uns viel zu schnell zu fixieren, und wohl schon den Wunsch hegte, noch eine dritte Isolierzelle für uns zur Verfügung zu haben, da die beiden vorhandenen meist belegt waren.
Ich hatte einmal drei Wochen lang keine Arztgespräche, und als ich wieder etwas klarer wurde, sah ich den Arzt auch nur maximal einmal pro Woche, wobei sich das Gespräch auf fünf Minuten beschränkte.
Doch die „Krönung“ meiner Traumatisierung in dieser Klinik war der viertägige Aufenthalt in der Isolierzelle. Sie sah wirklich aus wie die eines Gefängnisses: Blaue Gummimöbel, keinerlei Dekoration, eine schwere verriegelte Tür, nur ein WC mit der Toilettenspülung am Gang (die nur das Pflegepersonal bedienen konnte) und zwei Kameras, die absurderweise genau auf die Toilette gerichtet waren. Ich durfte nur die Kleidung mit nehmen, die ich am Leibe trug, aber keinerlei persönliche Gegenstände.
Vier Tage verbrachte ich durchgehend in der Isolierzelle, habe gefühlt hundert Mal am Tag nach dem Personal geläutet, was aber meist ignoriert wurde. So hatte ich auch nur deswegen mindestens drei Mal am Tage direkten Kontakt mit dem Personal, weil mir jemand meine Medikamente bringen musste.
Ich bin starke Raucherin, durfte aber nur drei Mal am Tag unter Aufsicht eine Zigarette rauchen, weshalb sich zu der Psychose und der Vereinsamung also noch ein Nikotinentzug gesellte.

Empfinde ich meine Psychose normalerweise auch als eine Heilungschance, als eine Form der Bewusstseinserweiterung und somit als eine Bereicherung, so wurde ich in diesen vier Tagen der Isolierhaft so stark psychotisch, dass ich gänzlich meinen Verstand verlor.

Ich bettelte um mein Handy oder auch nur einen Block und Stift, um zu malen.
Schließlich versuchte ich mich selbst zu beschäftigen, weil ich die Einsamkeit und Langeweile nicht mehr aushielt.
Aber da ich extrem psychotisch war, bestand das Ergebnis darin, dass ich Kartoffelbrei an die Wände schmierte und auch die Überwachungskameras mit Kartoffelbrei bewarf. Ich kippte mir Suppe über den Kopf, zerriss meine Kleider und war so tief in der Psychose gefangen, dass ich mit nichts mehr klarkam. Eigentlich sollte ich mich in der Isolierzelle beruhigen, so der Grundgedanke der Psychiatrie, weshalb das Personal von einem „Beruhigungszimmer“ spricht, aber in Wahrheit verschlimmerte sich mein Zustand immer mehr.
Dann kam der Punkt, an dem ich mich weigerte meine Medikamente weiter zu nehmen.
Ich war durch die Atmosphäre dieser geschlossenen Station komplett paranoid geworden und hatte auch den psychotischen Gedanken, schwanger zu sein, wobei ich mich auf paranoide Weise in die Vorstellung verrann, dass die Zwillinge in meinem Bauch durch die Neuroleptika extrem geschädigt würden.
Tatsächlich ist es so, dass die Einnahme der Neuroleptika Embryonen umbringen oder zumindest schwere Behinderungen bei ihnen hervorrufen kann, wenn sie während der Schwangerschaft verabreicht werden.
Das Personal machte daraufhin einen Schwangerschaftstest, der negativ ausfiel. Doch das konnte mich, die ich höchst psychotisch war, nicht davon abbringen, an eine Schwangerschaft zu glauben. Ich entwickelte dann auch in der Folge den Gedanken, dass das Personal meine Kinder absichtlich umbringen wollte. Wie gesagt, ich war in einem höchst paranoiden Zustand.
Also weigerte ich mich weiter Medikamente zu nehmen. Anstatt mit mir das Gespräch zu suchen und mich zu therapieren (das kommt in der Geschlossenen so gut wie gar nicht vor – warum auch, wenn man den Aufenthalt im Isolierzimmer anscheinend als Strafe und probates Mittel erachtet), wurde ich sehr schnell von etwa acht Personen (Pflegepersonal plus Security) niedergedrückt und bekam eine sehr schmerzhaft Injektion in die Hüfte verabreicht.
Daraufhin schlief ich erst einmal ein paar Stunden und war anschließend wieder einmal in der Isolierzelle gefangen, alleine mit meinem fixen Glauben und der damit verbundenen unerträglichen Angst, schwanger zu sein und nun das Kind oder eben die Zwillinge wegen der Zwangsmedikation zu verlieren.
Doch ich lernte dazu: Hatte ich während der vorherigen vier Tage in der Isolierung immer verzweifelt darum gebettelt und dabei wie eine „Verrückte“ geschrien, freigelassen zu werden, so verhielt ich mich nun ruhig; denn das ist das entscheidende Kriterium, wenn Patienten in dieser Klinik aus der Isolierzelle gelassen werden. Sie sollen eben ruhig gestellt werden.
Ich wurde dann auch nach einer Weile aus der Isolierzelle gelassen und spielte dem Personal auch vor, nicht mehr an meine Schwangerschaft zu glauben. Als ich anschließend etwa eine Stunde auf der offenen Station verbracht hatte, habe ich mich aus der Klinik entfernt und bin in meine jetzige Heimatstadt zurückgekehrt, die ich etwa nach einer halben Stunde mit dem Bus erreichte. Dort habe ich meine Frauenärztin in ihrer Praxis aufgesucht. Als ich bei der Ultraschalluntersuchung auf den Monitor sah, habe ich realisiert, dass ich nicht schwanger war,….und die Wucht dieser Erkenntnis markierte auch das Ende meiner Psychose.

Ich stelle mir bis heute die Frage, wie so viel auf einer psychiatrischen Station schief laufen kann, und glaube mittlerweile, dass ich und viele meiner Leidensgenossen Opfer eines kranken Systems waren und sind, das aufgrund seiner Strukturen und organisatorischen Ausrichtung geradezu versagen muss und so eine Form der institutionellen Gewalt gegen psychotische Menschen zeitigt, die in letzter Konsequenz auch vom Pflegepersonal und den Ärzten nicht wirklich gewollt ist.

So investieren die Kliniken weiter ungeheuer viel Geld in Medikamente, die meiner Meinung nach nur in den seltensten Fälle wirklich hilfreich sind, und sie müssen durch den auferlegten Kostendruck beim Personal sparen.

Es ist aber das ausreichend vorhandene Personal, das in Finnland den „Open Dialogue“ Ansatz so erfolgreich bei der Behandlung von Psychosen sein lässt. Die Finnen haben bei der Behandlung von Psychosen mit einer einfachen Gesprächstherapie („Offener Dialog“) eine Heilungsquote von 85 Prozent.

Open Dialogue“ setzt auf liebevolle Zuwendung, während dagegen in deutschen Kliniken Patienten unter Zwang behandelt und mit Neuroleptika ruhig gestellt werden.
Beim „Open Dialogue“ Ansatz werden Neuroleptika nur in Sonderfällen verabreicht. In der Region Finnlands, in der der „Offene Dialog“ schon länger praktiziert wird, tritt die angebliche Krankheit Schizophrenie kaum mehr so in Erscheinung, weil dort an den Wurzeln behandelt wird statt nur Symptome medikamentös zu unterdrücken.
Auf meiner Homepage findet ihr weitere Links und Infos zum “Offenen Dialog”.
Ich hoffe auch hierzulande auf ein baldiges Umdenken und würde mir wünschen, dass in Zukunft das Patientenwohl im Vordergrund steht und nicht das Profitdenken der Pharmaindustrie – der eigentlich einzigen Gewinnerin bei der Behandlung mit Psychopharmakas.
(Gemalte Bilder sind von Vera Maria)

Der Erfahrungsbericht

“Die unheimliche Magie der Psychose”

und dieser Artikel sind von Vera Maria

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Hi liebe Leute :) Mein Name ist Vera Maria und es ist noch keine 10 Jahre her, da habe ich wegen einer Zwangsneurose die 80 % vom Tag über Jahre angehalten hat, einen Suizidversuch nach dem anderen gemacht. Heute blogge und schreibe ich über das Thema Psychose und Psychiatriereform. Über Psychose blogge ich, weil ich schließlich nach langjähriger erfolgloser "Pseudo-Therapie" in der Psychiatrie durch eine Psychose den Schlüssel zur Heilung von meiner Angststörung gefunden habe. Über Psychiatriereform blogge ich, weil ich sagen kann, dass mir meine 20 Klinikaufenthalte nicht viel gebracht haben, außer einer schweren Medikamentenabhängigkeit und einem schlimmen Traumata durch 4 Tage Isolierzelle. Ich will, dass sich da im Bereich der Psychiatrie hoffentlich möglichst bald eine Reform auftut - Psychiatrie kostet tagtäglich Menschenleben! In Deutschland bleiben ca. 70 % der Menschen mit Psychose "krank", in Finnland wird nach dem Konzept des "Open Dialogs"/ "Offenen Dialoges" behandelt! 85 % der Patienten in Finnland werden durch Gespräche (fast ohne den Einsatz von Psychopharmaka) geheilt! Doch die deutschen Psychiatrien sind wohl zu eng mit der Pharmaindustrie verbunden um an einem Umdenken ernsthaft interessiert zu sein! Ich sehe Psychose als mögliche Heilungschance für ein "wahrlich krankes Ego" und nicht primär als Erkrankung wie die Psychiater das tun. Auch die Bewusstseinserweiterung während und nach einer gut durchlaufenen Psychose spielt sicherlich eine tragende Rolle, die von der Psychiatrie entweder nicht erkannt oder stupide ignoriert wird. In meinem Youtube und Telegram Blog versuche ich als Betroffene über diese Themen aufzuklären. Auch mit meiner Telegram Gruppe "Heilungschance Psychose" versuche ich einen offenen Austausch über dieses Thema zu schaffen. MEINE GRUPPE ZUR HEILUNG PSYCHOSE: https://t.me/HeilungVonPsychose ...Mein erstes Buch "Die unheimliche Magie der Psychose" wurde 2017 beim "Verlag der Ideen" veröffentlicht. Hier der Link zum Buch: https://www.amazon.de/unheimliche-Magie-Psychose-Vera-Maria/dp/3942006286

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