Was ist Psychose wirklich?
„Meine Schwester ist jetzt in der Klinik, sie hat eine Psychose, oder irgend so etwas in der Art…“ –
Ein Satz, den so ähnlich wohl schon viele von uns gehört haben.
Sei es die Freundin, die Mama oder der Postbote: Die meisten Menschen haben einen „psychisch kranken“ Menschen im Familien – oder Bekanntenkreis.
Das Phänomen „Psychose“ ist zwar immer mehr Leuten im oberflächlichen Sinne ein Begriff und immer mehr Menschen „erkranken“ an „Psychose“, doch die wenigsten wissen, was es wirklich mit dem Thema auf sich hat.
Und da ist natürlich noch die Branche der Psychiatrie und Pharmaindustrie, die mit ihren „Diagnosen“, Fachbegriffen und Medikamenten auf inflationäre Weise regelrecht zu „gedeihen“ scheint.
Vorurteile beim Thema Psychose gibt es viele, allen voran der naive Irrglaube der Psychiatrie, es handle sich ausschließlich um eine schwere, kaum behandelbare lupenreine „Krankheit“.
Ein Psychologieprofessor in einem Kurs während meines ehemaligen Studiums konnte gar die Frage, was „Psychose“ jetzt eigentlich sei, nicht beantworten.
„Es sei ein Zustand, der nur von jenen verstanden werden kann, die ihn selbst erleben.“
Doch wie soll dann psychiatrisches Fachpersonal psychotische Menschen behandeln, wenn es gar keine klare Vorstellung der angeblich einfachen „Krankheit“ hat, weil es in der Regel diesen Zustand gar nicht selbst erfahren hat?
Als ich das erste Mal in eine Klinik kam, ließ ich mich noch sehr von dem „Psychiatriedenken“ beeinflussen.
Doch nach 20 weiteren Klinikaufenthalten kamen dann doch schließlich langsam Zweifel am System der Psychiatrie auf – schließlich könnte man meinen, in einem funktionierenden Psychiatriesystem wäre ich nach 20 stationären Aufenthalten der gesündeste Mensch der Welt.
Doch weder meine „bipolar Störung“ noch meine Zwangsneurose wurde spürbar besser. Da konnten auch gefühlt 30 verschieden ausprobierte Medikamenteneinstellungen nichts ändern.
Es wurden hier einfach die Symptome unterdrückt – Heilung habe ich durch Medikamente keine erfahren.
Aber Heilung erfuhr ich eben schließlich durch meine Psychose.
Ich hatte immer gehört, Psychose sei „himmelschreiender Wahnsinn, unheilbare Krankheit“.
Doch ich habe bei meiner ersten großen Psychose instinktiv gespürt, dass sich hinter dem wohl durchaus wahnsinnig anmutendem Gesicht meiner Psychose mehr verbirgt als die reine „Krankheit“, wie die Psychiatrie immer so gerne behauptet – ja, ich habe meine Psychose tatsächlich als Heilungschance erleben dürfen.
Konnte mir kein von den Psychiatern schnell und leichtfertig verordnetes Neuroleptika oder Antidepressive Linderung von meinen seelischen Schmerzen verschaffen, so habe ich Psychose als sehr effektive Heilungschance erlebt.
Ich empfand und empfinde meine Psychose als eine Art „Therapieprogramm meines eigenen Bewusstseins“.
In der Psychose habe ich sehr viel von mir selbst verstanden, über die Gründe, warum ich eine Zwangsneurose entwickelt habe, konnte mit einigen Themen Frieden schließen und die Schmerzen meiner Seele dank der magischen, wenn auch sehr unheimlichen Gedankenwelt meiner Psychose lindern.
Ich bin in der Psychose Göttern begegnet, habe mit einem gesteinigten „Jesus“ und „Hitler“ zugleich gesprochen, habe Grundzüge des Buddhismus verstanden, bin dem Teufel begegnet und konnte in sehr vielen Dingen göttliche Symbole erkennen.
Ich habe eine Psychose entwickelt, weil ich einen sehr raschen Bewusstseinsanstieg (durch eine zu hohe Dosis Antidepressiva) erfahren habe, mit dem ich nicht klar kam.
Ich kam dadurch das erste Mal auf eine geistige Ebene, die man wohl als „beginnendes Erwachen“ bezeichnen kann und wahrscheinlich einen Evolutionsfortschritt beschreibt, der sicherlich eng mit dem spirituellen Wandel verknüpft ist.
Durch die Kombination eines vorhandenen menschlichen Ego mit Stress (jeglicher Art) wird das „Leidgefühl“ beim Mensch möglich; er leidet also, aber es gibt eben einen Zustand jenseits dieses Leides, auch im irdischen Leben – dies wird als „erwachter Zustand“ bezeichnet.
Und in Zeiten wie diesen müssen so viele Menschen wie möglich zwingend erwachen, sonst wird es die Menschheit schon bald nicht mehr geben.
Der spirituelle Wandel ist also Gottes liebende Antwort auf Zerstörung der Erde durch die Menschen. „Mutter Erde“ wird sich erholen und regenerieren.
Doch überlebt der „Mensch“, eine Gattung, die sich seit ihrer Entstehung am liebsten die Köpfe einschlägt und bei der Kriege, Mord und Totschlag seit jeher an der Tagesordnung stehen? Und ist der Mensch eine Gattung, die überhaupt überleben sollte?
Wir leben zwar in einer Art „Entscheidungszeit“, aber auch eben in einer „Zeit des spirituellen Wandels“, denn wenn viele Menschen erwachen, könnten wir als Gattung überleben.
Wodurch entstehen also Psychosen?
Sind es eben jene Energien, die durch den spirituellen Wandel auf die Welt wirken und das Bewusstsein von Menschen nun immer mehr und schneller auf höhere Ebenen bringen, die damit auch als Folge von raschen Bewusstseinsanstiegen womöglich teilweise Psychosen verursachen?
Denn eine Psychose ist nichts anderes, als eine Verwirrtheit in einem „höherem Bewusstsein“, das zu schnell erfahren wurde.
Beispielsweise kann dies auch durch ein Absetzen von Neuroleptika geschehen, die ja nichts anderes machen, als das menschliche Bewusstsein „herunter zu drücken“.
Unter Einfluss von Neuroleptika wird das Bewusstsein also gedämpft und getrübt. Werden diese dann abgesetzt oder zu schnell reduziert, steigt das Bewusstsein sprunghaft an und es kann zu Verwirrtheit kommen, oft auch weil neue Symbole entweder auf falschen Ebenen gar nicht oder nicht schnell genug interpretiert werden können.
Ein Mensch, der noch am Anfang des Prozesses des Erwachens steht, muss sich erst in dem sich ihm erschließenden neuen Bewusstsein zurechtfinden und hat oft noch nicht gelernt, gleichzeitig zur hohen Bewusstseinsebene die Bodenhaftung zu bewahren.
Auch wenn ein erweitertes Bewusstsein etwas Faszinierendes, ja Magisches ist:
Es ist notwendig, von einem relativ hohen Bewusstsein sehr schnell zum „Boden der Tatsachen“ zurückkehren zu können.
Ist dieses „schnelle Springen“ zwischen Bewusstseinsebenen nicht möglich oder werden Symbole auf der falschen Ebene interpretiert, entsteht ein Zu-stand, der von Psychiatern als „Psychose“ bezeichnet wird.
Es ist meines Erachtens traurig, wie sehr sich die Psychiatrie in diesem Punkte irrt.
Ich behaupte hingegen: Psychose ist eine Krankheit, aber nicht so wie die Psychiatrie denkt, die von einer reinen Stoffwechselstörung ausgeht und wahrscheinlich großteils keinen blassen Schimmer hat, wie allumfassend das Phänomen Psychose eigentlich ist und welche große Heilungschance sich in einer Psychose verbergen kann.
Mag auch Psychose durchaus einen krankhaften Aspekt beinhalten, weil sie eben eine Verwirrtheit und Verirrung nach einem sehr schnellen Bewusstseinsanstieg darstellt, so geht das Spektrum der Psychose mit ihren ganzen innerseelischen Implikationen weit über die angeblich einfache Stoffwechselerkrankung hinaus.
Die Ebene der Stoffwechselerkrankung bietet keine Heilungschance, denn hier werden nur mit Medikamenten Symptome unterdrückt, womit sich bei vielen Menschen eine Chronifizierung ihrer Psychose manifestiert.
Dabei wäre es so einfach: Nimm deine Psychose an und entwickle ein Bewusstsein dafür, dass sie dir helfen kann und wird, lass dich auf sie ein und gehe mit ihrer Hilfe durch die Schmerzen deiner Seele.
Denn der Professor in meinem ehemaligen Studium sagte auch noch:
„Jede Krankheit hat ihre Funktion.“
Dieser Satz ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.
So stellt eine Psychose letztlich auch eine Chance dar:
Sie ist nicht nur als eine Verwirrtheit nach einem sehr abrupten Bewusstseinsanstieg zu sehen, sondern beinhaltet gleichzeitig den Schlüssel zur Bereinigung des Egos, das den Mensch daran hindert, dauerhaft in einer hohen Bewusstseinsebene zu sein.
Durchläuft ein Mensch eine Psychose „mit Erfolg“, so kann er dauerhaft spirituell erwachen.
Und viele erwachte Menschen tragen zum Fortbestand der Menschheit bei.
Doch die Psychiatrie behandelt trotz unfassbar geringer Heilungsquote stupide die Betroffenen weiter mit Neuroleptika und leider auch mit Zwangsbehandlung, die auch ich erleben musste und von der ich zusätzlich traumatisiert wurde.
Hinzu kommen die starken Nebenwirkungen der Neuroleptika und die Schädigungen, die sie an Geist, Körper und Seele bewirken.
Und so bleiben „psychiatrisierte“ Menschen oft in ihrer Psychose gefangen. Zwar wären sie eigentlich bereit für ein höheres Bewusstsein, aber durch die Neuroleptika stark gedämpft, bleiben diese Menschen sozusagen an der Schwelle zum Erwachen stehen; denn die Neuroleptika blockieren zwar hier die Psychose, aber dies ist eben genau der verkehrte Weg, die vertane Chance, und ein solcher Mensch bleibt in einem Stadium der Krankheit gefangen.
Eine Psychose wird solange virulent sein, bis sie vollständig durchlebt ist und ihre heilende Wirkung entfalten kann.
Die Methode des „Offenen Dialog“ („Open Dialogue“) aus Finnland weist im Gegensatz zur klassischen Psychiatriebehandlung eine Heilungsquote von 85 % bei Psychosen auf.
Hierbei handelt es sich um eine reine Gesprächstherapie. Medikamente werden nur in Sonderfällen gegeben, beispielsweise bei einem zu hohen Leidensdruck für den Betroffenen bei paranoider Schizophrenie.
Das Streben nach einem höheren Bewusstsein ist ein fester Bestandteil unserer Evolutionsgeschichte und so kann es durchaus sein, dass psychotische Menschen eine „temporäre Evolutionsstufe“ darstellen und das Psychose als Phänomen des spirituellen Wandels auch ein „temporäres Problem“ darstellt. Vielleicht gibt es in einigen hundert Jahren fast keine Psychosen mehr, weil sich der „Mensch“ geistig dann immer mehr und immer schneller weiterentwickelt hat.
(Gemalte Bilder sind von Vera Maria)
Vera Maria ist 26 Jahre und hat ihre Erfahrungen in einem Buch verarbeitet, welches 2017 beim „Verlag der Ideen“ erschienen ist.
„Die unheimliche Magie der Psychose“ stellt einen Erfahrungsbericht einer schizoaffektiven Psychose dar.